1. Geschichtliche Darstellung
Die Gesetzmäßigkeiten der Homöopathie gehen auf ihren Begründer, den
Arzt Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755 – 1843) zurück,
der in Meißen als drittes Kind eines Porzellanmalers geboren wurde.
Unzufrieden mit der damals betriebenen Medizin, beschäftigte er sich schon früh mit
der Frage, wie Krankheiten entstehen und wie sie sanft und dauerhaft
geheilt werden könnten.
Erstmals erregte er in der medizinischen Fachwelt Aufsehen, als es ihm
gelang, die Syphilis mit einer stark verdünnten wasserlöslichen
Quecksilberverbindung erfolgreich zu behandeln. Die
Quecksilberverbindung, so erklärte er die Heilwirkung, rufe im
Organismus einen der Syphilis ähnlichen, noch stärkeren Reiz
hervor, welcher die Syphilis verdränge und auslösche.
2. Wirkungsweise der Homöopathie
Als Hahnemann einige Jahre später die Materia Medica von Cullen übersetzte,
entdeckte er im Text eine Stelle, in der Cullen die Wirkung der
Chinarinde bei Malaria der stärkenden Wirkung auf den Magen
zuschrieb. Hahnemann zweifelte an dieser Erklärung und so
entschloss er sich zu einem Selbstversuch. Er nahm 2 x täglich eine
geringe Menge der Chinarinde ein und beobachtete bald darauf
typische Erscheinungen von Wechselfieber an sich selbst, die
abklangen, sobald er das Mittel absetzte und die wieder erschienen,
wenn er das Mittel wieder einnahm. Mit diesem Selbstversuch hatte
Hahnemann das Fundament seiner erfolgreichen Heilmethode gelegt.
Die von ihm selbst einige Jahre zuvor aufgestellte Hypothese, dass eine
Krankheit nur durch einen stärkeren, ähnlichen Reiz ausgelöscht
werden kann, durch ein Arzneimittel, das ähnliche Symptome erzeugt,
war nun auch empirisch bestätigt worden.
"Similia similibus curentur - Ähnliches
möge mit Ähnlichem geheilt werden" so lautet auf die kürzeste Formel gebracht, das Grundprinzip der
Homöopathie.
Der Schuljunge, der seine erfrorenen Hände mit Schnee einreibt - der
Koch, der seine verbrühten Hände für einen kurzen Moment über
die heiße Herdplatte hält - beide verhalten sich nach homöopathischen
Grundsätzen. Durch einen kräftigen gleichgerichteten Reiz, Kälte
auf Kälte, Hitze auf Hitze, wird ein schneller und dauerhafter
Heilungsprozess einsetzen.
"Jedes wirksame Arzneimittel", so fasste Hahnemann die Ergebnisse seiner
Forschungen und Experimente zusammen, "erregt im menschlichen Körper
eine Art von eigener Krankheit, eine desto eigentümlichere,
ausgezeichnetere und heftigere Krankheit, je wirksamer die
Arznei."
Aufgrund dieser Gesetzmäßigkeit kann ein Arzneimittel eine Krankheit nur
dann dauerhaft heilen, wenn die Symptome, die man am Patienten
beobachtet, den Symptomen ähnlich sind, die das gleiche
Arzneimittel an einem gesunden Menschen hervorruft. Eine solche
Heilmethode nennt man homöopathisch.
Die Erkenntnisse von Hahnemann waren zu seiner Zeit revolutionär, da
die Wirkungsweise der damals wie heute, die Medizin beherrschenden
Allopathie, auf einem grundlegend anderen Prinzip beruht: gemäß
dem allopathischen Prinzip wird ein dem Symptom entgegengesetzter
Reiz gesetzt und somit Hitze durch Kälte, bzw. Kälte durch Hitze
behandelt.
3. Wie findet man das richtige Mittel?
Nicht auf gut Glück, sondern durch ein wissenschaftliches Verfahren der
Prüfung des Arzneimittels am gesunden Menschen. Nach der Prüfung
von Chinarinde durch Hahnemann begannen Ärzte und Studenten, die zu
seinem treuen Freundeskreis zählten, Arzneimittel an sich selbst
auszuprobieren. Nachdem die Prüfer ein Arzneimittel eingenommen
hatten, hielten sie jedes einzelne Symptom, das sie bei sich
entdeckten, genau fest. Durch diese Prüfungen konnten sie am
eigenen Leib erfahren, dass Arzneimittel nicht nur körperliche,
sondern auch seelische und geistige Symptome hervorrufen. Beispielsweise
verursachte Coffea arabica, die ungeröstete Kaffeebohne bei den Prüfern
eine sehr starke, allgemein erhöhte Empfindlichkeit. Alle Sinne
wurden schärfer und die Prüfer bemerkten an sich eine ungewöhnliche
geistige und körperliche Lebhaftigkeit. Ein Zustand, den man
vielleicht als die angenehme Seite der Prüfung bezeichnen könnte.
Zugleich traten aber starke Kopf- und Nervenschmerzen auf und die Prüfer
registrierten eine Überempfindlichkeit auf Freud und Leid und
fanden nicht mehr den erlösenden Schlaf. Wer diese Symptome zeigt,
obwohl er keinen Kaffee trinkt, wird nach dem Heilungsgesetz Similia
Similibus, durch eine Gabe des homöopathischen Arzneimittels Coffea
geheilt werden. Wer an sich diese Symptome beobachtet, gerade weil er viel Kaffee
trinkt, muss nur ganz einfach mit dem Kaffee trinken aufhören. Auf
der Grundlage dieser Arzneimittelprüfungen veröffentlichte
Hahnemann die erste Arzneimittellehre, die alle geistigen,
seelischen und körperlichen Symptome beschreibt, die ein
Arzneimittel in einem gesunden, menschlichen Organismus hervorruft.
Rund 2000 Substanzen sind bis heute in Menschenversuchen geprüft worden-
aus der Pflanzenwelt, dem Tierreich oder auch aus dem Bereich der
anorganischen und organischen Verbindungen. Damit wird deutlich, wie
immens wichtig die Herausarbeitung der Modalitäten bei einem
Krankheitsprozess sind: nicht jede Lahmheit z.B. verschlimmert sich
bei Kälte und nicht jedes Hautekzem verlangt ein Blutigkratzen zur
Linderung.
4. Die Wahl der richtigen Potenz und die korrekte Verabreichung
Die Syphilis, damals eine der häufigsten Krankheiten, wurden zu den
Zeiten von Hahnemann mit Quecksilber in hohen Dosierungen behandelt.
Zwar kann Quecksilber die Syphilis heilen, so wie Chinarinde die Malaria
heilt, zu hohe Dosierungen führten aber zu starken
Vergiftungserscheinungen. Um solche Nebenwirkungen möglichst auszuschalten suchte er nach
Mitteln und Wegen, das Quecksilber zu verdünnen. Durch hartnäckiges
Tüfteln gelang es ihm schließlich, eine wasserlösliche kolloidale
Quecksilberverbindung herzustellen, die unter dem Namen Mercurius
solubilis Hahnemanni bekannt ist. Im weiteren Verlauf seiner
Forschungen unterzog Hahnemann jeden Verdünnungsschritt heftigen
Schüttelschlägen. Er stellte fest, dass so verschüttelte höhere
Verdünnungen weit wirksamer waren. Hahnemann nannte das von ihm
entdeckte Verfahren Potenzierung.
Durch die Potenzierung wird die Arzneikraft entwickelt. Der einfache
Prozess des Verreibens, Verdünnens und Schüttelns einer Substanz,
auch Potenzierung genannt, verstärkt die Heilkraft, während die
gefürchteten und unerwünschten Nebenwirkungen der Ursubstanz
ausbleiben.
Bei akuten Krankheiten wird es dem Patienten im allgemeinen in kurzer
Zeit subjektiv und objektiv besser gehen. In den meisten Fällen
kommt es zu einer Besserung der Beschwerden und zu einer Heilung
innerhalb von Stunden bis Tagen. Bei
sehr empfindsamen Menschen können sich die Symptome nach Einnahme
des Arzneimittels verschlimmern. Solche Erstreaktionen kommen
allerdings selten vor. Sie zeigen an, dass das Arzneimittel richtig
gewählt worden ist.
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